MUSIK FÜR KRIEG UND FRIEDEN

NRSO in Concert

„Jeder Abend auf dem Podium bringt neuen Kampf und neuen Sieg für unseres Führers heilige Sache.“ (Franz Adam in Die Musik-Woche Nr.36, 1935)

„Man muss die Faust erheben gegen den Antisemitismus. Und diese Faust wird ein erstklas-siges Orchester sein.“ (Bronislaw Huberman 1935)

1928 und 1936 entstehen zwei Symphonieorchester, die es ohne die Schreckensherrschaft des menschenverachtenden Hitlerfaschismus nie gegeben hätte.

In München gründet der Dirigent Franz Adam 1928 das Nationalsozialistische Reichs-Sympho-nieorchester. Es besteht ausschließlich aus arbeitslos gewordenen Musikern, die hitlertreue Nationalsozialisten sind. Acht Jahre später, 1936, gründet der Geiger und glühende Verfechter eines vereinten Europa Bronislaw Huberman in Tel Aviv das Palestine Symphony Orchestra. Hier spielen ausnahmslos jüdische Exilmusiker, die mit Hubermans Hilfe vorwiegend aus dem Deutschen Reich emigrieren konnten. Das eine, ausschließlich der Propaganda verpflichtete Orchester, wird nach dem Zweiten Weltkrieg aufgelöst und gerät in Vergessenheit. Seine Musiker kommen nach ihrer Entnazifizierung in Münchener Orchestern unter. Das andere Orchester wird 1948 umbenannt in Israel Philharmonic Orchestra. Es besteht bis heute.

Der Geiger Linus Roth und der Dirigent Joseph Bastian wollen jetzt, unterstützt von Historikern und Musikforschern, erstmals die Geschichten beider Orchester im Rahmen eines international angelegten Filmprojekts erzählen. Beide haben sehr persönliche Gründe, sich auf die spannende Spurensuche nach den Ursachen für die Entstehung und Geschichte beider Orchester zu begeben und die Biografien ihrer Gründer und Musiker zu erforschen. Linus Roth gründete die Mieczysław Weinberg Gesellschaft, mit der das Werk dieses jüdisch polnischen Komponisten erforscht. Roth, der bei dem jüdischen Geiger Zakhar Bronn studierte, dessen Eltern im Dritten Reich nach Russland flohen, wurzelt in der jüdischen Violintradition und konzertiert regelmäßig in Israel. Joseph Bastian, ist im französischen Saarguemines geboren und Chefdirigent der Münchener Symphoniker, die aus dem Orchester Kurt Graunke hervorgingen, dessen Gründungsmitglieder Musiker des NS Reichs-Symphonieorchesters waren. Er will mehr über die historischen Wurzeln seines Orchesters erfahren.

Die Geschichte des Palestine Symphony Orchestra und die Biografie Bronislaw Hubermans sind inzwischen weitgehend gut erforscht. Das NS Reichs-Symphonieorchester, seine kulturpropagandistischen Aufgaben in Frieden und Krieg sowie die Biografien seiner künstlerischen Leiter und Musiker jedoch sind bis heute weitgehend unbekannt. Sie werden in dieser Dokumentation erstmals beleuchtet und den Musikerbiografien jüdischer Musiker, die vor der NS-Herrschaft flohen, um das Palestine Symphony zu gründen, gegenübergestellt.

Unterstützt durch ein musikwissenschaftliches Forscherteam der Universität Münster und der LMU München besuchen Roth und Bastan Nachfahren der Musiker. Sie gehen in die Archive und reisen an Originalorte in Tel Aviv und München, um zu ergründen wie das NS Reichs-Symphonieorchester und das Palestine Symphony Orchestra entstehen konnten und welche entgegengesetzten politischen Ziele ihre Gründer verfolgten – der Nationalsozialist und Bergsteiger Franz Adam einerseits und der schon in den Zwanzigerjahren für ein vereintes Europa streitende Humanist und Geiger Bronislaw Huberman andererseits.